Eine Absage, die nur Verliererinnen kennt
Nur zwei Wochen vor dem Start der Frauen-Weltmeisterschaft in Kanada wurde das Turnier von der Regierung der gastgebenden Provinz Nova Scotia abgesagt. Als Grund wurden Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie angeführt. Die Außenwirkung des kurzfristigen Rückziehers ist sowohl für den Veranstalter als auch für den Weltverband IIHF verheerend. Am schlimmsten trifft die Absage allerdings die Spielerinnen, die sich wie Athletinnen zweiter Klasse fühlen müssen.
Auch Tage nach der Hiobsbotschaft ist der Ärger über die WM-Absage im deutschen Lager noch nicht verraucht. Deutschlands Kapitänin Julia Zorn schreibt in einer Stellungnahme auf Twitter, sie sei „traurig, enttäuscht und frustriert”. Das DEB-Team hatte sich wie auch die anderen WM-Teilnehmer wochenlang auf das internationale Highlight der Saison vorbereitet. Die überraschende Absage war ein echter Tiefschlag für das gesamte Frauen-Eishockey.
Man fragt sich besonders, wofür das Bubble-Konzept ohne Kontakt zur Außenwelt überhaupt ausgearbeitet wurde, wenn es am Ende scheinbar sowieso nicht ausreichend war. Der IIHF werden außerdem mangelnde Alternativpläne vorgeworfen. Der Weltverband will jedoch nicht schuld sein und reicht den Schwarzen Peter weiter an den kanadischen Veranstalter.
In der Tat wirft die Kurzfristigkeit kein gutes Licht auf die Gastgeber. Diese hatten den Start des Turniers extra um einen Monat nach hinten verschoben und bis zuletzt zugesichert, dass die WM stattfinden könne. Der Rückzieher wirkt nun wie ein Wortbruch.
Die Zweiklassengesellschaft im Eishockey
Doch Diskussionen um Schuldfragen sind im Grunde genommen müßig. Fakt ist, dass bereits die zweite Frauen-Weltmeisterschaft in Folge abgesagt wurde. Ob sie nachgeholt werden kann, ist ungewiss. Gleichzeitig können innerhalb eines halben Jahres gleich drei Turniere der männlichen Kollegen mehr oder weniger problemlos stattfinden: Im vergangenen Dezember die U20-WM im kanadischen Edmonton, aktuell die U18-WM in den USA und Ende Mai die Weltmeisterschaft der Männer in Lettland.
Während also sogar die männlichen Nachwuchsteams ihre Turniere bestreiten dürfen, wird den Frauen eine der wichtigsten Bühnen zum Präsentieren ihres Sports genommen. Der Ärger über diese Ungleichbehandlung ist verständlich. Er gesellt sich zu der Enttäuschung der Spielerinnen, Trainerinnen und Verantwortlichen angesichts der vielen Arbeit, die nun vermeintlich umsonst in die Vorbereitung gesteckt wurde.
Um es mit Julia Zorn zu sagen: „Das Frauen-Eishockey hat etwas Besseres verdient! Wir verdienen es, eine Weltmeisterschaft zu spielen!”
(Foto: Wikipedia/Bryson109)
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