Eishockey im Film #2: Red Army – Legenden auf dem Eis
Seit 1954 war die Nationalauswahl der Sowjetunion bis zu ihrer Auflösung 1991 das klar dominierende Team im internationalen Eishockey. Der Erfolg der Mannschaft war politisch gewünscht, woraus sich ein entsprechend harter Umgang mit den Spielern ergab. Der Dokumentarfilm „Red Army – Legenden auf dem Eis” aus dem Jahr 2014 beleuchtet eindrucksvoll die Auswirkungen auf die Spieler.
Die Sowjetunion verfügte unter Trainerlegende Anatoli Tarassow über ein umfangreiches Talentförderprogramm und sehr spezielle Trainingsmaßnahmen. Unter dem unerbittlichen Nachfolger Wiktor Tichonow bekamen die Spieler insbesondere nach der Niederlage gegen die USA bei Olympia 1980 aber auch immer mehr die Gnadenlosigkeit des Systems zu spüren. Elf Monate im Jahr waren sie im Trainingslager eingepfercht und trainierten dort viermal am Tag.
Heraus kam jedoch die wahrscheinlich beste Nationalmannschaft aller Zeiten, die mit beispiellosem Kombinationsspiel begeisterte und in den Achtzigern das internationale Eishockey dominierte. Der legendäre erste Block des Teams bestehend aus Krutow, Larionow, Makarow, Fetissow und Kassatonow erhob Eishockey zur Kunstform und spielte es in Perfektion.
Mit dem schleichenden Niedergang der Sowjetunion bekam allerdings auch die perfekt geölte Eismaschine Sand ins Getriebe. Viele sowjetische Stars wollten in der NHL spielen und standen dadurch in einem fast unlösbaren Konflikt zwischen Sport und Vaterland. Als es Einige nach Nordamerika geschafft hatten, wurden sie dort jedoch weder von den Spielern noch von den Fans mit offenen Armen empfangen, denn die Amerikaner sahen in ihnen Feindbilder. Das änderte sich ironischerweise erst, als bei den Detroit Red Wings Ende der Neunziger wieder fünf Russen in einem Block zusammenspielen durften und sich dadurch sportlicher Erfolg einstellte.
Das perfekte Zusammenspiel – obwohl das Thema Doping ausgeklammert wird
Ein langes Interview mit dem damaligen Nationalmannschaftskapitän Wjatscheslaw „Slawa“ Fetissow dient Regisseur Gabe Polsky als roter Faden, um die Geschichte des sowjetischen Eishockeys nachzuerzählen. Der Fokus liegt dabei ganz klar auf den Menschen hinter den Spielern. Allzu viele Eishockey-Szenen sind deshalb nicht zu erwarten, obwohl die vorhandenen gut dazu geeignet sind, um die Schönheit der sowjetischen Kombinationen stellvertretend zu vermitteln.
Die brilliante Auswahl weiterer Interviews und Archivbilder, die um das Fetissow-Interview herumgruppiert werden, sorgt dafür, dass der Film permanent auf der menschlichen, der sportlichen und der politischen Erzählebene überzeugt. So kann man auch darüber hinwegsehen, dass einige Zusammenhänge verkürzt oder überspitzt dargestellt werden und das Thema Doping komplett ausgeklammert wird. Red Army gilt berechtigterweise als einer der besten Filme des Jahres 2014 und eine der besten Sportdokumentationen überhaupt, denn das Zusammenspiel der einzelnen Elemente gelingt ähnlich mühelos wie das der Sbornaja.
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